Vorschlag für eine Wanderung mit historischen, geologischen, geographischen und biologischen Anmerkungen und Hinweisen
1. Wanderung durch das Naturschutzgebiet Sutschke-Tal im Nordwesten des Ortes Bestensee
Am Bahnhof Bestensee beginnt die Wanderung auf der B 246 in Richtung Nordwest.
Der Dorfkern des alten Bauerndorfes Groß Besten mit dem von Gehöften umgebenen Dorfteich wird erreicht.
Er vermittelt dem Betrachter ein echtes Bild eines ostelbischen Runddorfes, das sein Entstehungsbeginn - im Zuge der Ostexpansion im 11, 12. und 13. Jahrhundert durch westdeutsche Feudalheere ins Slawenland zwischen Elbe, Saale und Oder und den danach folgenden deutschen Kolonisten und Bauern aus den Gebieten westlich der Elbe - wahrscheinlich im Jahr 1280 hatte.
In den darauf folgenden Jahrzehnten entstand so das deutsche Bauerndorf “Bestewyen” (aus der slawischen Sprache übernommen: Zwischen Gewässern), danach “Groß Bestwin” später Groß Besten und im Mittelalter auch zeitweilig Melvendorf genannt.
Am Ostufer des Klein Bestener Sees existierte schon die slawische Siedlung “Bestwin” bzw. “Bestewyn” (ebenfalls aus der slawischen Sprache: könnte es bedeuten: “Viel guter Holunder” - möglich wäre auch: “Siedlung an Holundersträuchern”). Noch heute ist am Ostufer des Klein Bestener Sees Holundergebüsch zu finden.
Durch Zuzug von deutschen Siedlern und dem danach friedlichen Zusammenleben mit den Slawen entwickelte sich dann in späterer Zeit das deutsche Bauerndorf “Klein Bestwin” auch zeitweilig “Bestwen” und schließlich “Klein Besten” genannt.
Durch Eheschließungen vermischten sich hier vielfach deutsche und slawische Bevölkerungsteile. 1375 wurden zum erstenmal die Orte Groß- und Klein Besten urkundlich im damaligen sogenannten Landbuch des deutschen Kaisers Karl IV erwähnt.
1436 wurden beide Dörfer, die zum Herrschaftsbereich der Schloßherren von Teupitz gehörten, vom Teupitzer Feudalherrn Friedrich Schenk von Landsberg seiner Ehefrau Anna nach Zustimmung des Markgrafen Johann von Brandenburg übereignet.
Ab 1717 gehörten beide Ortschaften zum Besitz des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. Erst im Jahre 1938 wurden die Dörfer vereinigt zum Ort Bestensee
Der Wanderfreund sollte nun die Kirche und die Dorfaue mit der großen Kastanie, die schon als junger Baum zur Regierungszeit des Preußenkönigs Friedrich des Großen 1740-1786 vorhanden war, genauer betrachten.
Die Kirche ist das älteste noch bestehende Bauwerk in Bestensee. Bauvollendung war im Jahre 1375, was man der Wetterfahne auf dem Kirchendach entnehmen kann.
Grundmauern und Seitenwände sind aus Findlingen erbaut und seit 1375 unverändert.
Durch einen in späterer Zeit entstandenen Anbau mit Holzturm wurde die Kirche vergrößert. Dicke Mauern und damalige kleine Fenster sprechen dafür, daß sie auch als Wehrkirche erbaut wurde, d. h. nicht nur für den Gottesdienst gedacht sondern auch als Schutzbauwerk gegen feindliche Angriffe vorgesehen.
Die Wanderroute führt nun weiter entlang der B 246 in Richtung Westen bis zum Vorplatz des Hotels “Am Sutschketal”. Hier wird die B246 verlassen und der Wanderweg führt den Wanderer direkt am Hotel vorbei auf den fast parallel zur B 246 in Richtung Westen verlaufenden Triftweg.
Gleich hinter dem Hotel erhebt sich der Mühlenberg. Hier hatten die Bauern in den vergangenen Jahrhunderten ihre Windmühlen zum Kornmahlen.
Heute steht weithin sichtbar auf der Anhöhe ein hohes turmähnliches Bauwerk, das der Telekommunikation dient.
Unsere Vorfahren hatten früher am Südhang des Mühlenberges einige Getreidefelder. Eine Episode aus den 18. Jahrhundert sei hiermit dem Wanderfreund beim betrachten des Mühlenberges mitgeteilt:
Am 26. Mai 1705 war ein großer Schneefall im Gebiet Groß-, Klein Besten und Umgebung. Die Schneemassen bedeckten die Getreidefelder der Groß Bestener Bauern am Südhang des Mühlenberges. Einige Bauern zogen mit langen Stricken und Seilen den Schnee von den Getreidehalmen und Ähren. Diese Bauern hatten im Juli und August keine Ernte, denn die Ähren waren taub, d. h. sie hatten keine Körner.
Andere Bauern, die den Schnee nicht entfernten, hatten eine sehr gute Getreideernte.
Die Weiterwanderung auf dem Triftweg führt am hinteren Teil des Nordfriedhofs vorbei.
1893 wurde die alte Beerdigungsstätte an der Dorfkirche für Erdbestattungen geschlossen und ein neuer Kommunalfriedhof hinter dem Westende des Dorfes errichtet. Als erster Verstorbener wurde am 26.02.1893 der Gemeindevorsteher Carl Ferdinand Kerstan auf dem neuen Friedhof beigesetzt. Diese Beerdigungsstätte ist noch heute der Gemeindefriedhof für Bestensee Nord.
Kurz vor dem Erreichen des Sutschketals befinden sich auf der rechten Seite des Triftweges ein Reiterhof mit Pferdewiesen.
Daneben, fast am Beginn des Sutschketals, war das nach dem 1. Weltkrieg entstandene Schützenhaus mit Schießplatz des damaligen Kriegervereins. Diese Einrichtungen wurden dann von 1933-1945 auch von nationalsozialistischen Organisationen genutzt.
Das Schützenhaus ist heute nicht mehr vorhanden, doch der Schießkanal ist noch gut zu erkennen.
Nun steht der Wanderer direkt vor dem Sutschke-Tal.
Hinter den nun leerstehenden ehemaligen LPG Viehsteällen aus der DDR-Zeit, erstrecken sich jetzt verwilderte Wiesengeländeteile, die im Mittelalter von Bauern als Allmende für ihre Viehhaltung genutzt wurden.
Dem Wanderfreund stellt sich beim Betrachten des Tals und der östlichen und westlichen Anhöhen mit Recht die Frage: Wie entstand das alles ? Dazu nun einige Auskünfte.
Die Entstehung war in dern Eiszeiten von vor 600 000 Jahren bis zur letzten Eiszeit vor 12000 Jahren. Mächtige Eisgletscher mit Geröllmassen formten das Tal und falteten die Anhöhen Marienhofer Berg, Mühlenberg und Steinberg auf. Abtauendes Gletscherwasser gab dann dieser Gegend ihre endgültige Gestalt in der Form des Tals in Nord-Süd-Richtung mit dem kleinen Sutschke-See, im Volksmund auch “Paddenpfuhl” genannt, der jetzt allmählich verlandet sowie weiter nördlich auch die Entstehung des stellenweise über 10 m tiefen Krummen Sees - ein typisch eiszeitlicher Rinnensee - und die Auffaltungen der westlichen (Marienhofer Berg) und der östlichen (Mühlenberg, Steinberg) Hochflächen. Etliche Steine (Findlinge) im Tal und auf den Hochflächen erinnern heute noch an die eiszeitlichen Geröllablagerungen. Unsere Vorfahren benutzten viele Findlinge zum Häuser-, Kirchen- und Straßenbau. Eine Volkssage erklärt die Entstehung des Tals und der Hochflächen allerdings anders: Steinberg, Mühlenberg und Marienhofer Berg bildeten eine einheitliche Hochfläche vor vielen tausenden Jahren.
Auf dem Marienhofer Berg wohnte damals der Teufel mit seiner Großmutter. Eines Tages wollte er pflügen und spannte seine Großmutter als Zugkraft vor den Pflug. Die Großmutter wurde wütend, als der Teufel sie mit der Peitsche antrieb. Sie raste zornig über den Hochflächenacker in Süd-Nord-Richtung. Der Pflug drang tief in den Boden ein und die “Riesenfurche” des Sutschketals mit den Auffaltungen der westlichen Anhöhe und den östlichen Hochfächen entstanden.
Ein andere Sagen-Variante läßt die Großmutter fliehen und der Teufel in seiner Wut pflügt allein die “Riesenfurche”.
So lieber Wanderfreund, es geht weiter. Am Schießkanal vorbei, durch den Wald wird der Talsohlenweg erreicht und der kleine Sutschke-See kommt ins Blickfeld.
Schilfsbewuchs sowie viele See- und Teichrosen verdrängen mit ihren großen Blättern das Wasser des Flachsees immer mehr.Trotz des Faulschlammuntergrundes ist das Wasser sehr klar. Karauschen, kleine Schleie und auch die europäische Sumpfschildkröte haben hier ihren Lebensraum. Nicht zu vergessen auch unzählige Wasserfrösche. Im Uferbereich wachsen viele Sumpfpflanzen und Stäucher.
Den Hauptbaumbewuchs bilden Sumpferlen, Buchen, Eichen und noch andere Laubbaumarten. An den sandigen Abhängen zu den Hochflächen ist mehr Nadelwald, vor allem Kiefernbestand zu sehen.
Weiter geht es entlang des Talsohlenweges in nördlicher Richtung. Die “Todesbahn” wird erreicht.
Dieser östliche Bergabhang war für die Kinder und Jugendlichen von Bestensee in den vergangenen Jahrzehnten die ideale Rodel- und Skibahn. Gleich daneben befindet sich die Lehmwand. In den vergangenen Jahrhunderten holten sich vielen Groß- und Kleinbestener aus dieser Wand den Bodenschatz Lehm zum Häuser, Scheunen- und Ofenbau. Heute sind die “Todesbahn” und die Lehmwand durch Strauch- und Baumbewuchs nur noch schwer zu erkennen. Eine kleine Episode für den Wanderfreund sei hiermit noch erzählt:
Nach dem 1. Weltkrieg hauste ein männlicher Einsiedler, der aber seine Hauptwohnung in Berlin hatte, neben der Lehmwand auf der östlichen Anhöhe des Sutschke-Tals in einer selbstgebauten Holzhütte. Das Betonfundament der Hütte sowie Betonbadewanne sind noch zu erkennen. Dieser Einsiedler kam damals oft nach Groß- und Kleinbesten. Die Schulkinder riefen ihn bei seinen Dorfbesuchen ständig “Borstenkönig”.
Eine andere Überlieferungsvariante berichtet, dass er von den Bestenseer Bauern Schweineborsten aufkaufte, mit denen er dann in seiner Hütte Bürsten herstellte und diese auch mit gesammelten Heilkräutern in Berlin verkaufte und er deshalb von der Groß- und Klein Bestener Schuljugend den Namen “Borstenkönig” bekam.
Die Wanderroute geht nun weiter auf dem östlichen Talsohlenweg bis zum Beginn des Krummer Sees. Die Wanderer, die noch Kraft in den Beinen haben, können nun auf einem schmalen Uferweg auf der Ostseite fast am gesamten Krummer - See, bis auf den Nordost-Uferbereich, entlang gehen und mit der Wanderung durch das Dorf Krummensee dann den westlichen Talsohlenweg des Sutschke-Tals erreichen.
In der Dorfmitte, auf der Anhöhe an der Westseite des Krummen Sees war vor der Völkerwanderung (375 unserer Zeitrechnung) eine Burgwallsiedlung der Bronzezeitmenschen. Durch die Völkerwanderung verschwanden germanische Völkerstämme aus unserer Gegend und slawische Völker, wie zum Beispiel die Sorben besiedelten unser heutiges Heimatgebiet.
Die Wanderer, die diese erweiterte Wegstrecke in Kauf nehmen, müssen sich mit zusätzlichen 3,5 km abfinden.
Die kürzere Wanderroute führt vor dem Krummer See über einen Knüppeldamm zur Westseite des Tals.
An dem Anhöhenabhang der westlichen Hochfläche am Talsohlenweg in nun südlicher Rücktourrichtung wurden im 14. Jahrhundert, als der Ort Krummensee zeitweilig zum Besitz des Klosters Lehnin gehörte, auf Anordnung des Abtes des Klosters, von den Krummenseer Bauern Weinstöcke angepflanzt. Laut chronistischen Aufzeichnungen haben die Klosterbrüder den recht sauren, von Krummensee angelieferten Trinkwein mit viel Honig veredeln müssen, um ihn genießen zu können.
Weiter geht es nun an der Westseite des Tals auf dem idyllischen Talsohlenweg, diesmal aber am Westufer des Sutschke-Sees entlang. Anschließend wird die Straße B 246 erreicht.
Unmittelbar vor der Straße, auf der Anhöhe des Marienhofer Berges, hatte man in den vergangenen Jahrzehnten am Beginn des 20. Jahrhunderts durch Urnen- und Urnenscherbenfunde Beweise erhalten für eine frühgeschichtliche Beerdigungsstätte der, vor der Völkerwanderung lebenden, Familien der Bronzezeitmenschen in der näheren Umgebung unseres heutigen Heimatortes Bestensee.
Vor der Straße B 246 wird nun auf einem ausgetrampelten Wiesenweg das Sutschketal überquert und die Schlußphase der Wanderung vollzieht sich auf dem Triftweg, der die Wegstrecke schon am Wanderungsbeginn war.
Halt ist dann vielleicht beim Hotel “Am Sutschketal”.
Hier kann man nach Wunsch sehr gut den Hunger “beseitigen” und den Durst “stillen. Die Öffnungszeiten sollten jedoch vor der Wanderung eingesehen werden.
Mit der letzten Wegstrecke dann vom Hotel bis zum Bahnhof haben die Wanderfreunde mit der kürzeren Sutschketal-Wanderoute insgesamt 6,5 km ihren Beinen zugetraut.
Ich hoffe, dass Sie liebe Wanderfreunde, durch diese Wanderung ein interessantes Wandererlebnis haben und dadurch eine positive Erinnerung an Bestensee und an das Sutschke-Tal.
Harry Schäffer